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RATEKRIMIS
SACHTEXTE
Punkt HALLER UND BARTH: DIE NACHBARIN
RATEKRIMI - 5000 ZEICHEN - © BY JENS KLAUSNITZER

Eine Nachbarin findet eine Frau tot in der Küche ihrer Wohnung. Die Zeugin verdächtigt aber nicht etwa den Ex-Mann, sondern drei Frauen aus dem Umfeld der Toten, die auch sie kennt.
„Vielleicht hat uns diese Nachbarin gerade drei Verdächtige genannt!“, murmelte Kriminalkommissar Christoph Barth und blickte der Frau nach, einer schlanken, mittelgroßen Person Mitte fünfzig, die eilig die Treppe nach oben lief. Sein Kollege, Kriminalhauptkommissar Torsten Haller, der noch immer nachdenklich die Wunden am Kopf des auf dem cremefarbenen Fliesenboden der Küche liegenden Opfers betrachtete, sah das etwas anders.
„Vielleicht ist unsere Nachbarin aber auch einfach nur eifersüchtig, weil unsere Tote hier, die im gleichen Alter ist, neben ihr noch eine Freundin, eine Arbeitskollegin und eine Schwägerin in ihrem näheren Umfeld hatte, die sie oft besuchten! Es soll auch Frauen geben, die auf Frauen eifersüchtig sind!“
Kurze Zeit später hörten sie durch die offene Wohnungstür Schritte auf der Treppe. Die Nachbarin kehrte mit einem kleinen grünen Zettel zurück, auf den sie fein säuberlich die Namen der Verdächtigen notiert hatte. Sie reichte Haller das Stück Papier. „Es ist schon zwei oder drei Jahre her, dass die mir ihre Adressen gegeben haben, deshalb weiß ich nicht, ob die wirklich noch richtig sind. Die Namen sind aber auf jeden Fall richtig. Ich habe auch vorsichtshalber die Telefonnummern mit aufgeschrieben, falls Sie die vorher anrufen wollen, bevor Sie zu ihnen fahren.“
Während die beiden Kommissare auf die Rechtsmedizinerin und die Spurensicherung warteten, erklärte die Nachbarin, die sich inzwischen einigermaßen beruhigt hatte, noch einmal, wie sie die Tote gefunden hatte. „Sie ist geschieden, ich bin verwitwet, wir leben beide allein!“, begann die Frau. „Deshalb hole ich samstags immer Brötchen vom Bäcker und wir frühstücken gemeinsam.“ Sie seufzte. „Heute wollten wir das auch wieder tun. Aber als ich die Wohnungstür öffnete, sah ich sie in der Küche liegen. Sie war nicht ohnmächtig, wie ich hoffte, sie war tot! Ich habe ihren Puls gefühlt, aber da war nichts mehr. Nur noch dieser widerliche Geruch!“
Rechtsmedizinerin Susanne Ehlers bestätigte die erste Vermutung der beiden Kommissare. „Hier haben wir nicht den Klassiker mit dem stumpfen Gegenstand, hier haben wir mehrere spitze Gegenstände. Die Frau wurde wahrscheinlich gestoßen, ist rückwärts gestolpert und mit dem Hinterkopf gegen die Ecke des Tresens da gestürzt, dann mit der Schläfe gegen den Griff des Backofens und schließlich mit der Stirn auf die Fliesen. Wäre sie nur ausgerutscht, wären die Verletzungen nicht so erheblich und es gäbe diese Blutspuren nicht!“ Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. „Neun Uhr dreißig. Ihrem Zustand nach würde ich als Tatzeit sieben Uhr vermuten, plus oder minus eine halbe Stunde!“
Hinweise auf eine Verabredung fanden Haller und Barth in der Wohnung nicht, auch keine auf eine aktuelle Beziehung zu einem Mann. Sie würden also erst einmal die Liste der Nachbarin abarbeiten und die drei Frauen befragen. Wenn sie mit der Schwägerin begannen, konnten sie mit dem Bruder auch gleich den einzigen noch lebenden Verwandten informieren.
Christoph Barth nickte beeindruckt, als sie in die Einfahrt zum Haus des Bruders bogen, das eigentlich kein Haus, sondern eher eine Villa war. „Ihre Schwester Elke Maresch wurde heute Morgen gegen sieben Uhr Opfer eines Verbrechens!“, erklärte Haller dem Bruder. „Wir möchten unser Beileid ausdrücken, müssen Sie aber leider auch fragen, wo Sie zu dieser Zeit waren.“ Die Schwägerin murmelte: „Wir haben da noch geschlafen, mein Mann im Schlafzimmer, ich im Gästezimmer!“
Ein Gespräch war nicht möglich, weil die Schwägerin heftig zu weinen begann und der Bruder der Toten aus dem Fenster auf die Terrasse starrte und niemanden mehr wahrzunehmen schien.
Die Arbeitskollegin öffnete die Tür ihrer Mietwohnung und sah sie fragend an. „Ihre Kollegin Elke Maresch ist gegen sieben Uhr heute Morgen verstorben!“, informierte Haller auch sie. „Wir gehen von einer Straftat aus!“ Die Frau schüttelte den Kopf und stemmte die Hände in die Hüften. „Aha! Und ich soll die Täterin sein, oder wie? Nein, ich habe sieben Uhr ferngesehen! Weil ich nicht mehr schlafen konnte. Und nein, einen Zeugen habe ich nicht!“
Blieb noch die dritte Frau, die Freundin des Opfers. „Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass Ihre Freundin Elke Maresch heute Morgen getötet wurde!“ Diesmal war es Christoph Barth, der die Nachricht überbrachte. Die Frau sank auf die Knie und schluchzte: „Um sieben habe ich hier geputzt. Geputzt! Und sie hätte meine Hilfe gebraucht!“
Wissen Sie, wer sich als Täterin verraten hatte?
LÖSUNG:
Die Freundin ist die Täterin - weil die Kommissare nur ihr gegenüber die Tatzeit nicht erwähnen, sie aber die Tatzeit trotzdem kennt und für diese Zeit sofort ein Alibi angibt!


Punkt PRIVATDETEKTIVIN SIMONA STARKE: HARTIGS HANDY

RATEKRIMI - 5000 ZEICHEN - © BY JENS KLAUSNITZER

Ich heiße Simona Starke und ich habe zwölf Schuljahre meines Lebens unter diesem Namen gelitten! Als leere Lehrer und unfreundliche Schulfreunde nämlich beim Austeilen der Zeugnisse und beim Einteilen der Partys mit einem zweideutigen Grinsen meinen Namen – wie in manchen Gegenden üblich, wenn vom Hallinger Herbert gesprochen wird – rückwärts lasen, mich Mädchen mit den extra dicken Knochen also „Starke Simona“ nannten, aber eigentlich „starke Simona“ meinten. Nun steht dieser Name an einer Bürotür, ich sitze in diesem Büro und vor mir liegt meistens kein Ermittlungsbericht, sondern die Mappe mit den unbezahlten Rechnungen. Wie an diesem drögen Donnerstag, als kurz nach zehn Uhr das Telefon klingelte und ich zusammenfuhr ...  „Finger weg!“, riet die eine innere Stimme, die ängstliche, und ich war einverstanden. Wer konnte zu dieser Zeit etwas wirklich Wichtiges wollen? Der Vermieter die Miete erhöhen oder die Stadtwerke den Strom sperren? Beide Neuigkeiten wollte ich mir ersparen, ebenso den zur gemeinen Gewohnheit gewordenen Drohanruf eines schweren Jungen, der nur siebzig Kilo wog. „Nimm ab, wenn du nicht abnehmen willst, weil du dir die Butter aufs Brötchen nicht mehr leisten kannst!“, kreischte die andere innere Stimme, die gierige, und nach einem letzten Blick auf eine letzte Mahnung riss ich den Hörer an mich und mein Ohr. „Sind Sie die Simona Starke aus den Gelben Seiten, die Privatdetektivin?“, erkundigte sich die dritte Stimme, die ich an diesem Tag hörte, diesmal eine äußere Frauenstimme, und ich nickte ein deutliches „Ja!“ in die Leitung. Ich bedankte mich gedanklich, dass nicht schon wieder die „starke Simona“ aufgetaucht war, ein Plus, das den hässlichen Hinweis auf meine völlig misslungene Anzeige im Branchenbuch mehr als wettmachte. „Es wäre nett, wenn Sie sofort vorbeikommen könnten, wir haben hier nämlich nach unserem Empfang gestern ein kleines Problem!“ Bevor ich mich auf einen eifersüchtigen Ehemann, eine zerschlagene Terrassentür oder das verbogene Tafelsilber vorbereiten konnte, verkündete die Frau: „Uns ist ein Mobiltelefon gestohlen worden und das muss unbedingt wiederbeschafft werden!“ Weil nicht das Gerät an sich, sondern der gespeicherte Inhalt angeblich mehr wert war als mein kleiner Kleinwagen! Weshalb meine andere innere Stimme – die gierige, Sie erinnern sich – bei einem solchen Auftragswert sofort die Honorar-Geldscheine klimpern hörte! Die Hartigs, meine nun neuen Klienten, bewohnten eine Villa, die von der Größe her locker eine Kita hätte beherbergen können. Ich brauchte zehn Minuten von meinem Büro bis zu dem in eine weiße Steinmauer eingehangenen Stahltor, weitere zehn Minuten von diesem Tor über den bräunlichen Plattenweg bis zur Villa und noch einmal die gleiche Zeit, um den „lieben Herrn Riedel“ kennen zu lernen. Dieser Mitteldreißiger sah zwar mit seinen eins neunzig Körperhöhe und der mächtigen Muskelmasse eher wie ein heimlicher Lover oder ein unheimlicher Fitnesstrainer, nicht aber wie der Mann für den Staubsauger und das Servieren der Senfsauce aus, wurde mir aber trotzdem als „guter Geist“ vorgestellt. Nicht der in der Flasche, sondern der mit der Flasche, denn als ich mich in seinem standeskorrekt unter dem Dach gelegenen Zimmerchen niedergelassen hatte, bot er mir einen für diese Zeit viel zu harten Drink an. Der riesige Riedel hatte am vorherigen Abend nicht nur Schnittchen nachgelegt und sich mit einem Tablett mit Champagnergläsern in dem saalartigen Raum im Erdgeschoss herumgetrieben, er hatte auch eine Menge beobachtet. „Die Herrschaften waren draußen, als der Empfang vorbei und die Gäste bereit zum Aufbruch waren!“, verriet er in einem unterwürfigen Ton, zu dem ihm wahrscheinlich sein Arbeitsvertrag und sein Steuerberater geraten hatten. Dem sicheren Wissen folgte eine Vermutung: „Ich nehme an, der Letzte, der ging, hat das Handy der Herrschaften einfach eingesteckt! Das lag – müssen Sie wissen - im Foyer auf einem Schränkchen!“ Schon waren wir am schwierigsten Punkt der Angelegenheit angelangt, denn Riedel hatte keine Ahnung, wer dieser Letzte gewesen sein konnte. „Ich bin untröstlich, junge Frau, aber genau das weiß ich leider nicht!“ Die „junge Frau“ begriff schnell, dass der gleichaltrige Typ kein Interesse an einem gemeinsamen Eisbecher hatte. „Martinetz und Koch waren noch hier, als sich Eisenkolb verabschiedete!“, erfuhr ich. Der große Kerl war wohl nur auf seine Arbeitgeber fixiert, denn vor den Gästen ließ er jeglichen Respekt vermissen. „Als der dicke Martinetz nach Hause fuhr, saß Tomanek noch an seinem Platz, ich bemerkte es, als ich Teller in die Küche brachte! Martinetz verließ uns gleich nach Eisenkolb und der widerliche Koch nicht nach Nawroth, sondern nach Martinetz, aber vor Tomanek! Der Nawroth verschwand direkt nach Koch!“ Schön und schlecht, mir ging es ähnlich wie Riedel – auch ich war in der „Wer-denn-nun?“-Frage völlig ahnungslos. Und die vielen Namen brachten mich nicht weiter, sondern nur durcheinander ... 
Wissen Sie vielleicht, wer das Handy mitgenommen hat? Meine Auftraggeber sind nämlich inzwischen schon ziemlich nervös!
LÖSUNG:
Tomanek ist der Täter! Aus den Beobachtungen des Angestellten ergibt sich eine Reihenfolge, in der die Gäste die Villa verlassen haben: Eisenkolb – Martinetz – Koch – Nawroth – Tomanek Weil der Letzte der Täter ist und Tomanek als Letzter ging, kann nur Tomanek der Täter sein!


Punkt DER GESANG
RATEKRIMI - 1800 ZEICHEN - © BY JENS KLAUSNITZER

Ich bin Ihr Sonntagsdetektiv und ich möchte hier mit Ihnen meinen neuen Fall lösen, den Fall mit dem Gesang …„Wir haben Bass! Wir haben Bariton! Wir haben Tenor! Wir haben Alt! Wir haben Mezzosopran! Wir haben Sopran! Und wir haben ein Problem!“ Der Intendant des Opernhauses hatte also ein Problem. Allerdings hatte er kein Problem mit dem Äußeren des Opernhauses. Er hatte ein Problem mit dem Inneren des Opernhauses. Denn er hatte ein Problem mit einer Sängerin oder einem Sänger des Opernhauses. Außerdem hatte er noch ein Problem mit meinem Allgemeinwissen. „Sie wissen nicht, was Bass, Bariton, Tenor, Alt, Mezzosopran und Sopran sind?“ Ich wusste es. Weil ich wusste, dass es Stimmlagen in der genannten Reihenfolge von tief nach hoch waren. Wobei die ersten drei Stimmlagen männliche und die letzten drei Stimmlagen weibliche waren. Aber ich tat so, als ob ich es nicht wusste. Weil ein Klient nicht immer wissen muss, was ein Detektiv weiß. „Bass steht an meinem Radio. Alt ist eine Biersorte im Rheinland. Und mein Essen kocht mir meine Mutter auf dem Sopran-Herd!“ Als wir beide uns wieder einigermaßen beruhigt hatten, regte sich der Mann wieder einigermaßen auf. Weil er wieder an die eingeworfene Scheibe seines Wagens auf dem Parkplatz des Opernhauses dachte. Und an den Stein mit dem Zettel mit der Forderung „Wir Sängerinnen und Sänger wollen höhere Honorare!“ auf dem Beifahrersitz. „Was erwartet mich nun? Eine eingeworfene Scheibe an meiner Haustür? Eine eingeworfene Scheibe an meiner Terrassentür? Oder eine eingeworfene Scheibe an meinem Aquarium?“ „Sie erwartet eine Honorarerhöhung für Ihre Sängerinnen und Sänger, die Ihre Sängerinnen und Sänger von Ihnen erwarten!“, riet ich. Bevor der mutlose mittlere Sänger in der Bürotür verriet, dass er der Täter war …
Wer war dieser Täter?
LÖSUNG:
Der Bariton ist der Täter! Die genannten Stimmlagen („… Bass, Bariton, Tenor, Alt, Mezzosopran und Sopran …“) sind nach den Hinweisen „Stimmlagen in der genannten Reihenfolge von tief nach hoch“ und dabei sind „die ersten drei Stimmlagen männliche und die letzten drei Stimmlagen weibliche“ – weil der „mittlere Sänger“ (mittlere der männlichen Stimmlagen, weil „mittlere“ und außerdem „Sänger“ männlich) der Bariton ist, kann nur der Bariton der Täter sein!


Punkt SCHWARZ UND SCHWARZ … UND DER FALL IN DER SCHULE
RATEKRIMI - 3000 ZEICHEN - © BY JENS KLAUSNITZER

Ich bin Pfarrer David Schwarz von der Kirchengemeinde St. Antonius, deren Mitglied auch die Ehefrau meines Bruders - Kriminalhauptkommissarin Franziska Schwarz - ist. Weil auch in meiner Gemeinde hin und wieder ein Mensch einmal den rechten Weg verlässt und ich mich immer dann zufällig in der Nähe aufhalte, möchte ich meiner Schwägerin helfen und gemeinsam mit Ihnen ihren neuen Fall lösen … „Herr Pfarrer, Herr Pfarrer!“, schrie der Junge aus unserer Gemeinde aus meinem Handy in mein Ohr. „Wissen Sie, wo die Frau Schwarz ist? Die Frau Schwarz muss unbedingt in unsere Schule kommen! Und die Frau Schwarz muss Suchhunde und Helikopter und Wasserwerfer und Handschellen mitbringen! In unserer Schule ist nämlich ein furchtbares Verbrechen geschehen: Irgendein Idiot aus einer anderen Klasse hat mir in der Pause hier auf der Treppe zwischen der zweiten und der dritten Etage mein Handy geklaut! Wissen Sie, wo die Frau Schwarz ist?“ Ich konnte Julian beruhigen, denn meine Schwägerin war gerade in dieser Schule. Und ich stand gerade vor dieser Schule. Weil Franziska in einer Klasse gerade einen Vortrag hielt und weil ich Franziska gerade gefahren hatte. Drei Minuten später fand ich Julian und zwei Freunde auf der Treppe. Weitere zwei Minuten später fand uns Franziska. Von einem der Freunde hatte Julian ein Handy zum Telefonieren bekommen. Und von Franziska ein Papiertaschentuch zum Trocknen der Tränen, die nun doch flossen. „Elias, Philip, Leon oder Eric ist das gewesen, die sind alle in der Pause unterwegs gewesen!“, schniefte Julian und einer der Freunde nickte. „Wir müssen in jeder Pause von einem Zimmer zu einem anderen Zimmer wechseln. Wenn wir von einem Zimmer in der einen Etage zu einem Zimmer in der anderen Etage wechseln müssen, dann müssen wir über die Treppe. Und dann ist hier auf der Treppe echt was los!“ Nun nickte auch der andere Freund. „Die Zimmer in dem Haus hier sind nicht so normal nummeriert wie die Zimmer in einem Bürohaus. Wenn wir bei uns zum Beispiel vom Zimmer vier zum Zimmer fünf gehen müssen, dann müssen wir nicht ins Nebenzimmer, sondern in eine andere Etage gehen. Manchmal blicken wir da nicht mehr durch und manchmal blicken da auch die Lehrer nicht mehr durch!“ Die Jungs sagten uns, dass Eric, Leon, Philip und Elias in dieser Reihenfolge vor der Pause und vor dem Zimmerwechsel in den Zimmern vierundzwanzig, fünfundzwanzig, sechzehn und sieben waren. Und Elias, Philip, Leon und Eric nach der Pause in den Zimmern einundzwanzig, dreiunddreißig, achtunddreißig und neun. Aber das sagte uns nichts. Franziska war plötzlich verschwunden und Franziska war ebenso plötzlich wieder da. Mit einem Fluchtwegeplan, der auch ein Zimmerplan war. „In der ersten Etage liegen die Zimmer dreiunddreißig, neun und sechzehn, in der zweiten Etage die Zimmer vierundzwanzig, zwölf und achtunddreißig und in der dritten Etage die Zimmer sieben, fünfundzwanzig und einundzwanzig. Also …!“
Wissen Sie, welcher Verdächtige zur Tatzeit am Tatort und damit der Täter war? 
LÖSUNG:
Leon ist der Täter! Nach dem Zimmerplan („… in der ersten Etage liegen die Zimmer dreiunddreißig, neun und sechzehn …“) und den Zimmern der Verdächtigen vor und nach dem Zimmerwechsel („… nach der Pause in den Zimmern einundzwanzig, dreiunddreißig, achtunddreißig und neun …“) hält sich nur einer der Verdächtigen am Tatort „hier auf der Treppe zwischen der zweiten und der dritten Etage“ auf – weil dieser Verdächtige Leon ist (von Zimmer 25 zu Zimmer 38), kann nur Leon der Täter sein!


Punkt EIN-SATZ-EINSATZ FÜR LEA LÖWE: DAS SCHLIESSFACH
RATEKRIMI - 1000 ZEICHEN - © BY JENS KLAUSNITZER

Ich lebe als Studentin und Detektivin in Leipzig, möchte mit euch gemeinsam meinen neuen Fall lösen, fuhr deshalb mit der Sechzehn vom Augustusplatz zum Hauptbahnhof, kaufte mir beim Schachtelwirt einen Ein-Euro-Spar-Cappuccino, ging zu den Gepäckschließfächern in der Westhalle, entdeckte dort drei Reihen mit Schließfächern übereinander, insgesamt einundzwanzig, nummeriert von Nummer eins links unten in der Ecke in einer Schlangenlinie bis Nummer einundzwanzig rechts oben in der Ecke, packte für eine Bekannte einen Hunderter in das Schließfach dreizehn, sollte später dafür ihr gestohlenes Handy mit den peinlichen Party-Pics in diesem Schließfach finden, weiß noch immer nicht, wer die Täterin war, weiß nur, dass eine Blondine an dem sechsten Fach von rechts in der dritten Reihe von unten, eine Rothaarige an dem ersten Fach von links in der zweiten Reihe von oben und eine Schwarzhaarige an dem sechsten Fach von rechts in der zweiten Reihe von unten war und warte darauf, dass ihr es wisst!
LÖSUNG:
Die Schwarzhaarige ist die Täterin, denn nach der Anordnung der Schließfächer und dem Hinweis auf die Nummerierung ist das Schließfach 13 „das sechste Fach von rechts in der zweiten Reihe von unten“!


Punkt DIE SCHLANGE
RATEKRIMI - 4000 ZEICHEN - © BY JENS KLAUSNITZER

„In meinem Urlaub war in meinem Hotel eine Schlange!“, erklärte mein Klient, als er nicht mehr in seinem Urlaub und in seinem Hotel, sondern in meinem Büro war. Sollte ich erschrocken sein, weil ich noch nie eine Schlange gesehen hatte? Sollte ich unerschrocken sein, weil ich schon oft eine Schlange gesehen hatte? Oder sollte ich gar nichts sein und mich einfach nur freuen, dass zumindest mein Klient noch am Leben und als Honorarzahler noch im Leben war? Ich sagte nichts, weil ich nichts Falsches sagen wollte, aber mein Klient konnte noch etwas sagen: „In meinem Hotel war natürlich keine richtige Schlange, die richtigen Schlangen waren vor und hinter dem Hotel, in meinem Hotel war eine falsche Schlange!“ Wieder sagte ich nichts, weil ich wieder nichts Falsches sagen wollte, denn ich wusste nicht, ob mir mein Klient von einem Urlaub mit einer Schwiegermutter oder mit einer Arbeitskollegin erzählen wollte. Der Mann lachte mich an und der Mann lachte mich vielleicht auch aus. „Ich weiß, was Sie jetzt denken, aber das dürfen Sie nicht denken, weil Sie sonst falsch denken. In meinem Hotel war zwar eine falsche Schlange, aber meine Schwiegermutter, meine Arbeitskollegin aus dem Einkauf, meine Nachbarin aus dem Haus Nummer dreizehn, die Frau von … Auf jeden Fall war keine von diesen Frauen in meinem Hotel!“ Der Mann hatte sich wegen der vielen falschen Schlangen in seinem richtigen Leben ein wenig aufgeregt und als er sich wieder ein wenig abgeregt hatte, konnte er weiter über die eine falsche Schlange in seinem Hotel sprechen. „Es war eine Schlange aus Menschen, die sich um ein kaltes Büfett wand, es war keine Schlange aus Haut, die sich um einen warmen Körper wand. Auch wenn sich so mancher Mensch dort in dieser Schlange so verhielt, als ob er sich gleich um einen warmen Körper winden und gleich einen anderen Menschen dort in dieser Schlange erwürgen wollte. Weil dieser andere Mensch vor ihm den letzten Teller, die letzten Pommes, das letzte Brot oder den letzten Orangensaft genommen und dieser manche Mensch erst einmal nichts hatte!“ Wieder regte sich der Mann auf und wieder regte sich der Mann ab und gleich danach regte sich der Mann wieder auf. „Eine von diesen Frauen in dieser Schlange an diesem letzten Tag hat mir heimlich ihre Handynummer in meine Hosentasche gesteckt, was ich unheimlich fand, weil ich doch nun wirklich nicht schön bin, oder?“ Sie ahnen, dass ich noch einmal nichts sagte? „Jetzt habe ich das alte Problem, das ich schon in jungen Jahren hatte - ich weiß nicht, wen ich da anrufe, wenn ich da anrufe!“ Er hatte aber nicht nur das Problem, er hatte auch die Fotos zum Problem, denn er hatte auf seinen Fotos tatsächlich all diese Frauen aus dieser Schlange gefunden und all diese Frauen aus den Fotos ausgeschnitten und einzeln ausgedruckt. Und nun lagen diese Frauen so nebeneinander auf dem Tisch, wie sie nacheinander am Anfang in dieser Schlange gestanden hatten: Ganz vorn eine Frau in Shorts, ganz hinten eine blonde Frau und ganz in der Mitte eine Frau in Badeschuhen, vor der Frau in Badeschuhen eine schwarzhaarige Frau und nach der Frau in Badeschuhen eine Frau in einer Hose, vor der blonden Frau eine Frau im Bikini und nach der Frau in Shorts eine rothaarige Frau, genau in der Mitte zwischen der Frau im Bikini und der Frau in der Hose eine Frau mit Kette und genau in der Mitte zwischen der rothaarigen Frau und der schwarzhaarigen Frau eine Frau im Kleid, vor der Frau im Kleid mein Klient und nach der Frau mit Kette eine brünette Frau, und nach der Frau in der Hose eine Frau im Rock und vor der schwarzhaarigen Frau eine Frau mit Brille. Ich nahm einige Fotos wieder weg, weil einige Frauen am Ende aus der Schlange verschwunden waren – und mit ihnen waren die schwarzen Haare, der Bikini, die Shorts, die Brille, die Hose, das Kleid, der Rock und die Badeschuhe verschwunden …
Wissen Sie, wer die Frau mit der heimlich-unheimlichen Handynummer war, wenn Sie wissen, dass es die Frau war, die am Ende direkt hinter dem Mann war?
LÖSUNG:
Die Frau mit Kette ist die Täterin! Nach der Reihenfolge der Menschen in der „Schlange“ am Anfang („… ganz vorn eine Frau in Shorts, ganz hinten eine blonde Frau …“) und am Ende („… das Kleid, der Rock und die Badeschuhe verschwunden …“) steht am Ende die Frau mit Kette „direkt hinter dem Mann“ – nur die Frau mit Kette kann also die Täterin sein!


Punkt DAS UNENTSCHIEDEN
RATEKRIMI - 1800 ZEICHEN - © BY JENS KLAUSNITZER

Ich bin Ihr Sonntagsdetektiv und ich möchte hier mit Ihnen meinen neuen Fall lösen, den Fall mit dem Unentschieden … Sie spielten mit einem Ball. Mit einem weißen Ball mit schwarzen Streifen. Sie spielten mit einem Fuß. Mit einem linken und mit einem rechten Fuß. Sie spielten in einem Stadion. In einem Stadion mit einem Rasen in der Mitte. Und mit einem Tor an dem einen Ende des Rasens und mit einem Tor an dem anderen Ende des Rasens. Sie spielten vor Zuschauern in diesem Stadion. Vor viertausend Zuschauern auf der einen Seite des Stadions. Vor viertausend Zuschauern auf der anderen Seite des Stadions. Und vor zweitausend Zuschauern in der einen und in der anderen Kurve. Sie spielten in Trikots. Die eine Mannschaft in blauen Trikots und die andere Mannschaft in roten Trikots. „Ich wünsche uns ein gutes Spiel!“, wünschte der Schiedsrichter. Aber sein Wunsch ging zunächst nicht in Erfüllung. In der ersten Halbzeit passierte nämlich nichts. In der zweiten Halbzeit aber passierte alles. Denn in der zweiten Halbzeit sahen die Zuschauer sechs Tore. Und ich sah sie auch. Die Zuschauer und die Tore. Nachdem wir zusammen in der ersten Halbzeit keine Tore gesehen hatten. Das rote Team erzielte in der vierundsechzigsten Minute ein Tor. Das blaue Team traf in der dreiundfünfzigsten Minute ins gegnerische Tor. Das blaue Team schoss in der zweiundsiebzigsten Minute ein Tor. Das rote Team schoss in der fünfundfünfzigsten Minute ein Tor. Das rote Team traf in der siebenundvierzigsten Minute ins gegnerische Tor. Und das blaue Team erzielte in der sechsundachtzigsten Minute ein Tor …
Hatte der Verdächtige ein Alibi, weil es in diesem Spiel ein 2:2 gab, wie er später behauptete? Oder hatte der Verdächtige kein Alibi, weil es in diesem Spiel kein 2:2 gab und er überhaupt nicht im Stadion war?
LÖSUNG:
Der Verdächtige hatte kein Alibi, weil es in diesem Spiel kein 2:2 gab und er überhaupt nicht im Stadion war!Nach der Reihenfolge der erzielten Tore („… das rote Team erzielte in der vierundsechzigsten Minute ein Tor …“) gibt es nacheinander die Spielstände 0:1, 1:1, 1:2, 1:3, 2:3 und 3:3, nicht aber 2:2 – weil es dieses falsche 2:2 (Beweis seiner Anwesenheit) nicht gibt und der Verdächtige also nicht im Stadion gewesen sein kann, hat er kein Alibi!


Punkt KOMMISSAR KOBER … UND DER TOTE IM ZUG
RATEKRIMI - 4200 ZEICHEN - © BY JENS KLAUSNITZER

„Was haben wir?“, fragte ich so, wie alle Polizisten fragen, wenn sie wieder einmal nach allen anderen Polizisten an einem Tatort eintreffen, weil sie wieder einmal nach allen anderen Polizisten verständigt wurden. Der neben dem Toten im dritten Waggon des Nachtzuges von Altendorf nach Neustadt auf einem Sitz sitzende Rechtsmediziner wandte mir kurz sein Gesicht zu, zog die Mundwinkel nach unten und bellte: „Was wir haben? Ich habe zu tun und du hast keine Ahnung!“ Dr. Richters schlechte Laune bei Einsätzen nach zweiundzwanzig Uhr war allgemein bekannt und nun, kurz nach Mitternacht, schien diese schlechte Laune den kritischen Bereich zu erreichen. Ich spürte das gemeinsam gemeine Grinsen aller im Waggon arbeitenden Kollegen der Spurensicherung und der Doktor spürte es wahrscheinlich auch. Außerdem fiel ihm nach einigen Sekunden wohl ein, dass nicht ich ihn telefonisch aus seinem Nachtschlaf gerissen hatte. Das stimmte ihn ein wenig milder. „Wir haben ein Opfer und keinen Täter, nur ein paar tatverdächtige Mitfahrer in diesem Zug, der von Altendorf über Lindberg, Sonnhausen, Bärenburg, Beerenbach, Tannwald und Maxhagen hierher nach Neustadt gefahren ist. Und die Tatwaffe ist diesmal nicht der obligatorische stumpfe Gegenstand, die Tatwaffe sind die Hände des Täters! So etwa …!“ Bevor die riesigen Hände des schlecht gelaunten Arztes meinen Hals erreichen und mir schmerzhaft den ungefähren Tathergang demonstrieren konnten, ergriff ich sie, drückte sie nach unten und murmelte: „Danke, ich kann es mir vorstellen!“ Dr. Richter sah mich enttäuscht an und das Schnaufen der Kollegen hinter meinem Rücken wurde lauter, deshalb verließ ich den Waggon und suchte die Verdächtigen. Die allerdings gab es nicht wirklich, es gab sie nur in der Erinnerung des Lokführers, der mir zunächst erklärte, dass in diesem Zug nur er und kein Zugbegleiter fuhr, er also ein Mann mit zwei Aufgaben und nur einem Gehalt war. Als ich ihm von unseren Überstunden und unseren Gehältern erzählte, breitete er seine Arme aus, damit ich schluchzend in sie sinken konnte. Nachdem ich das abgelehnt hatte, konnten wir zum Thema zurückkehren. „Ich weiß, dass diese Leute an verschiedenen Stationen eingestiegen und an verschiedenen Stationen ausgestiegen sind. Der Typ in der Jeans zum Beispiel, der ist in Maxhagen ausgestiegen, ich habe gesehen, wie der dort zu seinem Auto gegangen ist. Oder wenigstens zu einem Auto. Der Kerl im Anzug stieg in Sonnhausen aus, auch der hatte es ziemlich eilig. Der Mensch mit dem Basecap verließ mich in Bärenburg, also er verließ meinen Zug, der Bursche mit den Sportschuhen verschwand in Neustadt und der Alte in der Lederjacke auch in Neustadt! Aber diese beiden sind nun auch nicht mehr da!“ Weil niemand in dem Opfer ein Opfer, sondern nur einen auf seinem Platz direkt am Fenster Schlafenden gesehen hatte. Erst der Lokführer hatte den Toten entdeckt, als er auf seinem Kontrollgang durch den hier im Zielbahnhof stehenden Zug den Schlafenden wecken wollte, aber aus verständlichen Gründen nicht mehr wecken konnte. Der Lokführer wusste wirklich nicht nur, an welchen Stationen die Verdächtigen ausgestiegen waren, er wusste auch, an welchen Stationen sie eingestiegen waren. „Der Tote ist schon in Altendorf eingestiegen, als er noch ein Lebender war, und – na ja – nun als kein Lebender, sondern eben ein Toter, sozusagen erst hier in Neustadt ausgestiegen!“Eingestiegen waren außerdem der Lederjackenmann in Beerenbach, der Sportschuhmann in Tannwald, der Basecapmann in Altendorf, der Anzugmann in Altendorf und der Jeansmann in Lindberg. „Ich fahre diesen Zug nachts immer mit zwei Waggons. Die Fahrgäste steigen aber meistens nicht in den zweiten, sondern in den ersten Waggon, weil ihnen das in meiner Nähe ein Gefühl der Sicherheit gibt!“ Er hob entschuldigend seine Schultern. „In diesem Fall leider ein trügerisches Gefühl für das spätere Opfer! Ich denke deshalb, dass der Täter zur Tatzeit allein mit dem Opfer im Zug war, auf einer Strecke zwischen zwei Stationen, an denen die anderen Verdächtigen noch nicht eingestiegen oder schon ausgestiegen waren ...!“
Wissen Sie, wer dieser Täter war, der auf einer Strecke zwischen zwei Stationen allein mit dem Opfer im Zug war?
LÖSUNG:
Der Mann in der Jeans ist der Täter! Nach Fahrtroute („... von Altendorf über Lindberg, Sonnhausen, Bärenburg, Beerenbach, Tannwald und Maxhagen hierher nach Neustadt ...“) und Ein- und Ausstiegsstationen der Verdächtigen („... der Kerl im Anzug stieg in Sonnhausen aus ...“) ist nur der „Jeansmann“ zwischen Bärenburg und Beerenbach mit dem Opfer allein im Zug – nur der Mann in der Jeans kann also der Täter sein!


Punkt PRIVATDETEKTIV ERIC ESCHE: ZIMMER MIT AUSBLICK
RATEKRIMI - 5000 ZEICHEN - © BY JENS KLAUSNITZER

Mein Klient hatte mir ein Flugticket gegeben und ich hatte meine Reisetasche und den zu diesem Flugticket gehörenden Flug genommen, deshalb nahm ich eine Stunde später auch im Flugzeug in einer mittleren Reihe auf dem passenden Platz Platz und gab mir alle Mühe, mir von diesem müden Morgen nicht die Hoffnung auf einen munteren Tag nehmen zu lassen. Das allerdings fiel mir nicht leicht, denn mir fielen zwar immer wieder die schönen Scheine ein, die als Vorschuss auf mein Honorar in meiner Tasche knisterten und knasterten, aber mir fielen auch regelmäßig die Augen zu. Bis mir auffiel, dass ich den anderen Fluggästen schon aufgefallen war, weil ich auch nach der Landung des Fliegers noch immer so schrecklich schön auf meinem Sitz schlummerte …Der erste Schock war die Temperatur, die am Ankunftsort herrschte und die mich fast dazu brachte, mir alle überflüssigen Dinge einschließlich meiner Haare vom Körper und vom Kopf zu reißen, der zweite Schock war der Preis, den der wenig tolle Taxifahrer für die noch weniger tolle Taxifahrt verlangte, und der dritte Schock war das Hotel, vor dem ich mich fand, als ich nicht mehr mit dem Taxi fuhr. Weil Architekten alles tun dürfen, was sie tun wollen, wenn sie etwas tun sollen und nicht gerade ein Budget, ein Vergabewettbewerb oder richtiges Grundwasser an der falschen Stelle sie stoppt, hatte der Architekt des Hotels das Hotel als offenes Buch in die Landschaft stellen lassen, als ein Buch, an dessen Buchrücken die Straße und der Eingang klebten und zwischen dessen im Winkel von ungefähr neunzig Grad aufgeschlagenen Seiten auf der genau gegenüberliegenden Seite der Pool mit seinen beiden Poolecken wie ein Lesezeichen klemmte. Ich wartete auf den Mann, auf den ich im Foyer zu warten hatte, und während ich wartete, wartete und wartete, hatte ich ziemlich viel Zeit, mir auf dem an der Wand hängenden Fluchtwegeplan einen Fluchtweg für eine mögliche Flucht auszusuchen, auch wenn ich nicht in ein Zimmer gehen und es deshalb wohl nie zu einer Flucht kommen würde. Auf jeder der acht Etagen gab es achtzig Zimmer, immer vierzig auf der linken und vierzig auf der rechten Seite, was dieses Buch nicht gerade als Taschenbuch, sondern wegen der faszinierenden Fassade mit den ebenfalls immer achtzig Balkons auf jeder Etage eher als beeindruckenden Bildband erscheinen ließ.Die Zimmer mit den Zimmernummern eins bis zwanzig lagen auf allen Etagen links und dort auf der Rückseite und damit zur Straße, was zwar keinen Ausblick auf den Pool, aber doch einen auf die Mülltonnen garantierte, die Zimmernummern einundzwanzig bis vierzig lagen ebenfalls links, sie aber zum Pool auf der Vorderseite und so auf der nicht nur im übertragenen, sondern auch im wahren Sinn Sonnenseite, wie die Zimmer einundvierzig bis sechzig auch, die aber rechts lagen, und die Zimmer mit den Nummern einundsechzig bis achtzig lagen auch rechts und wieder zur Straße. „Dieses kleine Bauteil, das ich eigentlich haben sollte, habe ich leider nicht mehr, obwohl ich bis jetzt danach gesucht und nicht nur mein Zimmer, sondern auch mich auf den Kopf gestellt habe!“, gestand mir der Mann, der auf einmal vor mir stand, und er erschreckte mich nicht durch das nicht vorhandene Bauteil, sondern durch seine vorhandene Badehose, die für seinen großen Körper ziemlich zu klein und deshalb für einen anständigen Menschen schon fast unanständig war. Die Ursache des Unheils war die Tatsache, dass der Mann am Abend zuvor vier andere Männer kennen gelernt hatte, und während dieses Treffen bei ihm wirklich Zufall war, war es bei einem der Männer wahrscheinlich Absicht. Und deshalb war das Bauteil nun weg! „Ein Typ wohnt mit seiner Frau in Zimmer zweihundertzweiundvierzig!“, erfuhr ich, der ich bald wieder fahren musste und bestimmt nicht mit der Frau dieses Verdächtigen fahren würde. „Ein zweiter mit seiner Tochter in Zimmer vierhundertachtzehn, aber so, wie diese Tochter aussieht, wird ihr Vater bestimmt kein dreister Dieb sein. Nummer drei wohnt in Nummer siebenhundertneununddreißig und der vierte Kandidat in Zimmer fünfhundertdreiundsechzig!“ Während wir durch das Hotel und dann unten um den Pool schlenderten, schlenderte oben der Täter auf seinen Balkon, und während der eine Mann mich an der Bar mit ein paar Getränken milde zu stimmen versuchte, versuchte der andere Mann auf dem Balkon, uns beide zu verhöhnen: Er hielt nämlich etwas in die Höhe, das nicht alles Mögliche, sondern nur das böse Bauteil sein konnte, und er winkte uns zum Abschied gemein grinsend zu, bis er wieder in seinem Zimmer verschwand, aus dem er dann eilig verschwinden wollte …
Wissen Sie, in welchem Zimmer der Mann wohnte, den ich auf einem der auf dem Fluchtwegeplan verzeichneten Fluchtwege stellte, indem ich ihm neben dem einen oder anderen Bein auch gleich noch meinen gesamten Körper in den Weg stellte, wenn Sie wissen, dass es mit Sicherheit nicht der Mann mit Frau aus Zimmer zweihundertzweiundvierzig war, weil der durch seine Frau und ein Alibi über jeden Verdacht erhaben war?
LÖSUNG:
Der Mann aus Zimmer 739 ist der Täter! Nach Lage der Zimmer („… eins bis zwanzig lagen auf allen Etagen links und dort auf der Rückseite und damit zur Straße …“), Zimmernummern der Verdächtigen („… ein zweiter mit seiner Tochter in Zimmer vierhundertachtzehn …“) und dem Hinweis „… nicht der Mann mit Frau aus Zimmer zweihundertzweiundvierzig …“ hat nur der Mann aus Zimmer 739 ein Zimmer auf der Poolseite und kann dem Detektiv und seinem Begleiter am Pool „zum Abschied gemein grinsend“ zuwinken – nur der Mann aus Zimmer 739 kann also der Täter sein!


Punkt CHIEFINSPECTOR STEVEN BAKER: MORD IM NACHTZUG
RATEKRIMI - 6000 ZEICHEN - © BY JENS KLAUSNITZER
Die Dunkelheit lag wie eine schwarze Drohung über dem nur spärlich beleuchteten Gebäude des kleinen Bahnhofs Hamsfield, siebzig Kilometer nördlich von London. Chiefinspector Steven Baker ließ den Wagen auf dem Vorplatz ausrollen und sah seinen Assistenten Theodore Greene an. "Was wissen wir, Mister Green?" "Nun, Sir, im Nachtzug von London nach Yesperhouse wurde vom Zugbegleiter in einem leeren Abteil eine leblose Person entdeckt. Männlich, ungefähr fünfunddreißig Jahre alt und eins achtzig groß. Der Mann ist tot. Weil der Zugbegleiter am Hals der Person Druckstellen bemerkte, die er für Würgemale hielt, hat er hier vom Bahnhof aus den Notruf gewählt, den Zug warten lassen und das Abteil verschlossen!" Chiefinspector Baker stieg aus. "Also los, Mister Green! Ich möchte, dass Sie eine Liste mit den Namen der Passagiere zusammenstellen, mit den Namen aller Passagiere dieser Fahrt. Ich will alle Ein- und Ausstiegsstationen von jedem. Verstanden? Gut! Wissen Sie, welche Route dieser Zug fährt?" Green dachte ein paar Sekunden nach, dann erklärte er entschieden: "Ja, Sir! Von London aus über Batings, Shalgrow und Gullans hierher nach Hamsfield und von hier dann weiter nach Yesperhouse. Die letzte Station vor Yesperhouse ist Coles. Äh, Verzeihung, Sir, ich habe die Stationen Defford, Tackerville, Leanburg vergessen. Die liegen in dieser Reihenfolge zwischen Gullans und Hamsfield, natürlich!" Während Green in dem kleinen Restaurant des Bahnhofs verschwand, eilte der Chiefinspector durch die Bahnhofshalle nach draußen auf den Bahnsteig. Ein frierender Polizist deutete zu einem der beleuchteten Wagons. "Gleich dort, Sir!" Baker riss die Tür des Wagens auf, stieg die drei winzigen Stufen hinauf und öffnete dann die innere Tür. Das Opfer, ein kräftiger Mann mit einem ovalen Gesicht und dunkelbraunen Haaren, lag auf zwei Sitzen, der Kopf lehnte am Fenster. Einer der vier Männer, die im Wagen Spuren sicherten, kam auf den Chiefinspector zu, nickte grüßend und hielt Baker ein Stück Papier entgegen. "Das hier haben wir in seiner Jacke gefunden, Steven. Ein Ticket für eine Fahrt bis Defford. Sieht ganz so aus, als ob der Ärmste hier aussteigen wollte! Aber das wollte wohl jemand verhindern. Und noch etwas: Der Zugbegleiter, dieser Collins, der hat uns gesagt, dass er an der Station vor Defford noch mit dem Opfer gesprochen hat. Da war noch alles in Ordnung!" Chiefinspector Baker klopfte dem Mann anerkennend auf die Schulter und wandte sich dann einem anderen zu. "Wie sieht es aus, Doc?"  Der Arzt lächelte bitter. "Schlecht, Baker, dem kann leider niemand mehr helfen. Todesursache wahrscheinlich ... aber das muss ich Ihnen ja nicht erklären. Den Rest erzähle ich Ihnen, wenn ich den jungen Mann auf meinem Tisch hatte, ich rufe Sie an. Bis bald!" Im Restaurant hatte Greene inzwischen die Liste mit den Namen der Passagiere zusammengestellt. "Vollständig, Sir, die Zahl der Passagiere stimmt mit den verkauften Tickets überein. Ich habe auch in London angerufen, insgesamt achtundzwanzig Fahrgäste!" Er wies auf fünf Namen, die er farbig markiert hatte. "Interessant für uns dürften die sein, nur sie stehen in irgendeiner Beziehung zum Opfer. Ein Raub scheidet als Motiv ja aus, wie Sie sagten. Weil die Brieftasche des Mannes noch vorhanden ist." Green legte das Blatt auf einen der Tische und zeichnete auf dem Papier eine Linie mit mehreren Punkten. "Also, mir ist aufgefallen, dass die Verdächtigen immer nur zwei Stationen gefahren sind, also immer bis zur jeweils übernächsten Station im Zug waren. Jacobs stieg in Tackerville zu, Stanton in Batings, dieser Laughley, der mir übrigens sehr auffällig scheint, in Defford, Richards in Shalgrow und McCann in Leanburg!" In großen Buchstaben schrieb Green die Namen unter die entsprechenden Stationen. Als er fertig war, betrachteten die beiden Männer die Skizze einige Sekunden lang. "Wir haben ihn, Mister Green! Denn nur einer unserer Verdächtigen war zwischen den zwei fraglichen Bahnhöfen im Zug!"
Wissen Sie, wer der Täter?
LÖSUNG: 
Richards ist der Täter! Der Zug fährt die Strecke London, Batings, Shalgrow, Gullans, Defford, Tackerville, Leanburg, Hamsfield, Coles und Yesperhouse. Das Opfer hat ein Ticket bis Defford in der Tasche und wird an der Station vorher (Gullans) noch lebend gesehen, die Tat geschah also zwischen Gullans und Defford. Weil zwischen diesen beiden Bahnhöfen von den Verdächtigen nur Richards im Zug war, kann nur Richards der Täter sein!


Punkt DIE KOMMISSARIN UND DER KOMMISSAR: DER SCHATTEN
RADIO-RATEKRIMI - © BY JENS KLAUSNITZER
Kommissar: Die Sonne kommt morgens im Osten raus, im Süden macht sie mittags eine Paus‘, abends will sie unbedingt im Westen sein und in den Norden kommt sie niemals und nimmer rein … 
Kommissarin: Willst du dein Geld jetzt nicht mehr mit Ermittlungsberichten, sondern mit Ermittlungsgedichten verdienen? 
Kommissar: Ich möchte erst einmal so viel Geld verdienen, wie eine Mitarbeiterin in einem Bürogebäude gestern Mittag verdient hat! Die hat nämlich in ihrer Firma den Safe ihres Chefs geöffnet und … 
Kommissarin: … das ganze Geld aus dem Safe genommen! 
Kommissar: Die konnte kein ganzes Geld aus dem Safe nehmen, in dem Safe war nämlich gar kein Geld drin! Da waren nur die Pläne für die neue Eissporthalle drin, aber diese Pläne sind mehr wert als ein Safe voller Bargeld! 
Kommissarin: Und wir haben keine Ahnung, wer die Mitarbeiterin ist? 
Kommissar: Wir haben nur ein bisschen eine Ahnung, diese miese Mitarbeiterin hat nämlich kurz danach aus ihrem Büro ihren Chef angerufen und zu ihm gesagt, dass sie in ihrem Büro schön im Schatten sitzt und von der Sonne träumt! 
Kommissarin: Aber die wird nicht mit dem Geld für die Rückgabe der Pläne in die Sonne abfliegen, die wird jetzt gleich auffliegen! Denn wir wissen, ob die ihr Büro auf der Westseite, auf der Ostseite, auf der Nordseite oder auf der Südseite des Bürogebäudes hat! 
Kommissar: Also geht die Sonne für uns auf und für sie geht sie unter …! 
LÖSUNG:
Die Mitarbeiterin in dem Büro auf der Nordseite des Gebäudes ist die Täterin, denn wenn die Täterin mittags (kurz nach der Tat) in ihrem Büro „… schön im Schatten sitzt …“, muss sie nach dem „Lauf“ der Sonne („… im Süden macht sie mittags eine Paus‘ …“) in einem Büro auf der Nordseite des Gebäudes sitzen – nur die Mitarbeiterin in dem Büro auf der Nordseite des Gebäudes kann also die Täterin sein!



BUCHTIPP:

Aschenbrödel